Geschäftsführerhaftung

 

Der Geschäftsführer einer GmbH vertritt die GmbH nach Außen und ist im Innenverhältnis für die Geschicke der Gesellschaft verantwortlich. Da er als Organ der einzig nach außen handelnde ist, treffen ihn vielfältige Verantwortlichkeiten und Pflichten. Er ist beispielsweise verantwortlich für die Abgabe von Steuererklärungen, für die Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen, aber auch für die rechtzeitige Insolvenzantragstellung. Korrespondierend zu den Pflichten regeln verschiedene Gesetzte die Haftung des Geschäftsführers, wenn er gegen diese Pflichten verstößt.

Vielfältige Haftung

Vielfach sind dem oder den Geschäftsführern ihre Pflichten nicht hinreichend bekannt. Dies führt in vielen Fällen von GmbH-Insolvenzen dazu, dass sich der Geschäftsführer einer Fülle verschiedener Ansprüche ausgesetzt sieht, die existenzgefährdend sein können, wenn die von ihm geführte GmbH hohe Umsätze und dadurch eine hohe Abgabenlast hatte.

Insolvenz gut vorbereiten und Haftung vermeiden

Es empfiehlt sich daher für jeden Geschäftsführer einer GmbH dringend, im Vorfeld der GmbH-Insolvenz einen Fachmann aufzusuchen, um die Dinge, die noch gestaltet werden können, so zu gestalten, dass er seine Haftung mindestens reduzieren kann. Weitere Hinweise zur Vorbereitung der Insolvenz erhalten Sie hier.

Es würde den Rahmen der hiesigen Darstellung sprengen, eine vollständige Darstellung aller Haftungsrisiken des Geschäftsführers zu beschreiben. Von daher sollen in der folgenden Darstellung die wesentlichen Haftungsrisiken erläutert werden inklusive wertvoller Hinweise, wie die Haftung vermieden oder der Höhe nach zumindest reduziert werden kann.

Haftung für Steuerverbindlichkeiten

Die Abgabenordnung (AO) sieht vor, dass der Geschäftsführer von der Finanzverwaltung direkt in Anspruch genommen werden kann, wenn er bestimmte Steuern, die die GmbH schuldet, nicht bezahlt. Hervorzuheben sind hier Lohnsteuern um Umsatzsteuern. Für nicht abgeführte Lohnsteuern haftet der Geschäftsführer einer GmbH vollumfänglich. Hintergrund ist, dass die GmbH die Lohnsteuern nur treuhänderisch verwahrt (die Lohnsteuerschuld ist eine Steuerschuld der Arbeitnehmer). Führt der Geschäftsführer die Lohnsteuern nicht ab, haftet er zu 100% persönlich für diese.

Tipp: Haftung für Lohnsteuern vermeiden

Die Lohnsteuerschuld entsteht nach § 38 EStG in dem Zeitpunkt, in dem der Nettolohn dem Arbeitnehmer zufließt. Die Lohnsteuer entsteht daher auch nur in dem Maße, in dem der Nettolohn an die Arbeitnehmer gezahlt wird. Sollte also keine ausreichende Liquidität im Unternehmen vorhanden sein, um die Lohnsteuer abzuführen, so darf der Geschäftsführer den Arbeitnehmern nur in dem Maße Lohn auszahlen, welches es ihm ermöglicht, auch den anteiligen Lohnsteuerbetrag an das Finanzamt abzuführen. Um die Arbeitnehmer müssen Sie sich als Geschäftsführer weniger Sorgen machen, diese sind durch das Insolvenzgeld gegen einen Ausfall ihrer Nettolöhne geschützt.

Sonderfall Umsatzsteuer

Nicht ganz so gravierend, aber ebenfalls nicht ungefährlich ist ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur Entrichtung der Umsatzsteuer. Hier ist besonders der Grundsatz der anteiligen Tilgung zu beachten, d.h. der Geschäftsführer muss bei finanziellen Engpässen penibel darauf achten, dass die Umsatzsteuer immer mindestens in dem Maße abgeführt wird, in dem andere Gläubiger im gleichen Zeitraum befriedigt werden. Im Ergebnis bedeutet dies, dass der Geschäftsführer in diesem Fall eine Quote ermitteln muss, nach der er sämtliche Gläubiger einschließlich des Finanzamtes im gleichen Umfange bedient. Behandelt der Geschäftsführer das Finanzamt im Hinblick auf die Umsatzsteuer identisch wie alle anderen Gläubiger, muss er keine Haftung befürchten, behandelt er das Finanzamt schlechter (lässt er also seinen sonstigen Gläubigern z.B. 50% ihrer Forderungen zukommen und dem Finanzamt nur 10%), haftet der Geschäftsführer für nicht abgeführte Umsatzsteuer in dem Maße, wie er das Finanzamt schlechter stellt.

Tipp: Haftung für Steuern der GmbH ganz vermeiden

Wenn Sie als Geschäftsführer einer GmbH die Haftung für Steuern gänzlich vermeiden wollen, sollten Sie im Krisen- oder Insolvenzfall wie folgt vorgehen: erledigen Sie alle Steueranmeldungen oder delegieren Sie diese auf einen Steuerberater und bezahlen den Steuerberater regelmäßig. Zahlen Sie Lohn- und Umsatzsteuern pünktlich und vollständig zu den gesetzlich vorgegebenen Terminen, behandeln Sie das Finanzamt immer besser, als andere Gläubiger. Wenn Sie keine Miete oder keine Handybeiträge zahlen, wird Ihr Unternehmen nicht sofort zusammenbrechen und im Insolvenzfall haften Sie für nicht gezahlte Miete oder nicht gezahlte Handyrechnungen nicht. Ertragssteuern (bei der GmbH: Körperschaftsteuer) müssen Sie im Krisenfall nicht bezahlen, hierfür haften Sie nicht persönlich, ebenso wenig für Gewerbesteuern. Es gilt auch hier: lassen Sie sich beraten, welche Zahlungen Sie wann vornehmen. Jeder Euro zählt.

Haftung für Sozialversicherungsbeiträge

Das Thema Haftung für Sozialversicherungsbeiträge ist ein schwieriges Thema, weil es zwei verschiedene Arten hiervon gibt. Die GmbH zahlt zwar monatlich, jeweils rund 3 Tage vor Ende des Monats, die Sozialversicherungsbeiträge in Gestalt des Gesamtsozialversicherungsbeitrages an die zuständige Einzugsstelle (Krankenkasse), diese Summe setzt sich aber aus zwei Einzelbeträgen zusammen, die im Hinblick auf Ihre Pflichten als Geschäftsführer getrennt zu betrachten sind.

Nicht-Abführung von Arbeitnehmeranteilen: Strafverfahren droht

Zum einen Teil besteht der Gesamtsozialversicherungsbeitrag aus dem Arbeitnehmeranteil. Diesen verwahrt die GmbH nur treuhänderisch, die Zahlung schuldet eigentlich der Arbeitnehmer. Wird dieser Teil der Sozialversicherungsbeiträge nicht abgeführt, bedingt das zum einen eine Strafbarkeit des Geschäftsführers (§ 266 a StGB), zum anderen eine persönliche Haftung. Beides greift auch dann, wenn Sie dem Arbeitnehmer gar keinen Lohn zahlen.

Abführung von Arbeitgeberanteilen: Haftung droht

Ganz anders zu behandeln sind die Arbeitgeberanteile des Gesamtsozialversicherungsbeitrages. Diese schuldet allein die GmbH, hier gibt es keine Treuhandschaft. Die Nicht-Abführung ist aus diesem Grund auch nicht mit Strafe bedroht.

Viele Geschäftsführer machen allerdings den Denkfehler, dass sie annehmen, sie müssten zur Vermeidung von Strafverfolgung und Haftung immer den vollständigen Beitrag, also den Gesamtsozialversicherungsbeitrag in Gänze, abführen und wären dann alle Sorgen los. Dem ist nicht so. Da die Nicht-Abführung des Arbeitgeberanteils nicht mit Strafe oder Haftung gegenüber dem Sozialversicherungsträger verbunden ist, muss der Geschäftsführer im Fall der Unternehmenskrise im Interesse der Gläubigergesamtheit dafür sorgen, dass solche Zahlungen aus dem Vermögen der GmbH unterbleiben. Führt er den Arbeitegber-Anteil nicht ab, bleibt dies für ihn ja folgenlos. Im Umkehrschluss haftet er dann allerdings gegenüber der Gesellschaft und im Insolvenzverfahren gegenüber dem Insolvenzverwalter dafür, wenn er solche Zahlungen im Krisenfall vornimmt.

Tipp: Verwendungszweck der Überweisung beachten

Befindet sich Ihr Unternehmen also in der Krise oder sogar kurz vor der Insolvenzantragstellung, lassen Sie sich für den Fall, dass Sozialversicherungsbeiträge an die Krankenkassen abzuführen sind, von Ihrem Steuerberater ausrechnen, in welcher Höhe die Arbeitnehmeranteile ausfallen. Überweisen Sie dann nur diese an die Krankenkasse(n) und zwar mit dem Verwendungszweck „Zahlung auf Arbeitnehmeranteile“ (neben der Betriebsnummer und sonstigen üblichen Angaben. Unterlassen Sie die Angaben dieses besonderen Verwendungszwecks, verrechnet die Krankenkasse auf die Summe aus Arbeitnehmer- und Arbeitgeberanteilen und es bleiben dann immer noch (rund 1/2) der Arbeitnehmeranteile offen und Sie haften und machen sich strafbar.

Haftung nach § 64 GmbHG

Nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung darf der GmbH-Geschäftsführer keinerlei Zahlungen mehr aus dem Vermögen der GmbH leisten. Tut er dies gleichwohl, so ist er der GmbH grundsätzlich zum Ersatz dieser Zahlungen verpflichtet (§ 64 Satz 1 GmbHG).

Der Begriff der Zahlungen ist weit auszulegen. Bei einer Zahlung handelt es sich grundsätzlich um die Weggabe von Vermögen. Neben reinen Geldzahlungen fallen hierunter auch sämtliche masseschmälernden Vermögensleistungen aus dem Gesellschaftsvermögen, wie z.B. Abtretungen oder Aufrechnungen. Auch der Abbuchungsvorgang vom Konto einer überschuldeten GmbH ist „Zahlung” und wird dem Geschäftsführer zugerechnet, da dieser die Abbuchung gegenüber der Bank hätte widerrufen können. Des Weiteren fallen hierunter Mittel, die der Geschäftsführer von einem Dritten zu dem Zweck erhält, eine bestimmte Schuld zu tilgen. Wenn der Geschäftsführer mit diesen Mitteln später – entsprechend der Vereinbarung mit dem Dritten – die Zahlung an den Gesellschaftsgläubiger bewirkt, muss er der GmbH diese Zahlung ersetzen. Es spielt keine Rolle, ob die Zahlungen durch den Geschäftsführer innerhalb der 3-Wochen-Frist oder erst danach geleistet wurden: Auch schon in der 3-wöchigen Insolvenzantragsfrist sind Zahlungen verboten. Die Einreichung eines Kundenschecks auf ein debitorisches Konto ist ebenfalls eine unzulässige „Zahlung”. Der Geschäftsführer muss bei einer anderen Bank ein neues Konto eröffnen und den Kundenscheck dort einziehen lassen. Denn ansonsten verringert er die Forderung der Bank und bevorzugt diesen einen Gläubiger.

Nicht unter den Begriff der Zahlung fällt hingegen die Begründung von Verbindlichkeiten. Auch liegt keine Zahlung vor, wenn der Gesellschaft ein Gegenwert in gleicher Höhe zufließt.

Nach § 64 S. 2 GmbHG haftet der Geschäftsführer jedoch nicht, wenn die Zahlung mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns vereinbar war. Zulässig sind danach insbesondere Zahlungen, die kraft Gesetzes geleistet werden müssen, wie z.B. die Arbeitnehmeranteile der Sozialabgaben (s.o.) und die Lohnsteuer sowie Aufwendungen, die zur Abwendung des sofortigen Zusammenbruchs der GmbH erforderlich sind. Notwendig sind hierbei aber ernsthafte Sanierungsaussichten.

Eine weitere Ersatzverpflichtung trifft den Geschäftsführer für Zahlungen an Gesellschafter, soweit diese zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen mussten, es sei denn dies war auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns nicht erkennbar (§ 64 Satz 3 und S. 2 GmbHG).

Verschulden erforderlich

Die Haftung nach § 64 GmbHG setzt ein Verschulden des Geschäftsführers voraus: Verschulden liegt vor, wenn der Geschäftsführer die Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung schuldhaft nicht erkennt oder aber trotz Kenntnis ignoriert. Es genügt einfache Fahrlässigkeit. Maßstab ist die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns, wie sie angesichts der Größe und Bedeutung der betreffenden GmbH zu fordern ist. Eine positive Kenntnis des Insolvenzgrundes ist nicht erforderlich. Das Verschulden des Geschäftsführers wird vermutet. Er muss also im Zweifelsfall beweisen können, dass der Eintritt des Insolvenzgrundes trotz hinreichender organisatorischer Vorkehrungen für ihn nicht erkennbar war.

Der Geschäftsführer trägt alleine die Verantwortung. Er muss und darf hier Weisungen der Gesellschafterversammlung nicht folgen, wenn diese z.B. die Insolvenzantragstellung verhindern wollen.

Lassen Sie sich beraten

Wenn die von Ihnen geführte GmbH in finanzielle Schwierigkeiten gerät, sollten Sie sich unbedingt von einem Fachmann beraten lassen. Für einen Laien ergeben sich viele Haftungsfallen, die im schlimmsten Fall in einer eigenen, privaten Insolvenz des Geschäftsführers münden. Wir helfen Ihnen gerne und werden mit Ihnen gemeinsam Wege identifizieren, wie Sie Ihre Haftung vermeiden oder zumindest reduzieren können.