Schutzschirm und Eigenverwaltung

 

Ein besonderer Weg durch die Krise

Sowohl die (vorläufige) Eigenverwaltung als auch das Schutzschirmverfahren eröffnet dem Schuldner die Möglichkeit ein Insolvenzverfahren ohne einen vom Gericht bestellten (vorläufigen) Insolvenzverwalter durchzuführen und so das in die Krise geratene Unternehmen in Eigenverantwortung wirtschaftlich wieder auf die Beine zu stellen. Gerade in Fällen einer von unerwarteten externen Ursachen geprägten Krise eines eigentlich gesunden Unternehmens-Kerns wie derzeit aufgrund der Corona/COVID-19-Krise kann es sich anbieten, die Sanierung durch eine Insolvenz in Eigenverwaltung oder gar mittels Schutzschirmverfahren einzuleiten bzw. voranzutreiben.

Auch bei bereits eingetretener Zahlungsunfähigkeit möglich

Beide Verfahrensarten haben eine vergleichbare Zielrichtung, unterscheiden sich allerdings hinsichtlich der Antragsvoraussetzungen und dem Umfang der eingeräumten Rechte, die sich im Einzelnen aus den §§ 270 ff. InsO ergeben. Ein wesentlicher Unterschied zwischen beiden Verfahren ist, dass die (vorläufige) Eigenverwaltung auch bei bereits bestehender Zahlungsunfähigkeit angeordnet werden kann.

In beiden Verfahren kann die Geschäftsführung die Geschicke des Unternehmens weiterhin in eigener Verantwortung leiten, sie behält vollumfänglich die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis, die in einem Regelinsolvenzverfahren bereits bei Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung durch den Zustimmungsvorbehalt des vorläufigen Insolvenzverwalters stark eingeschränkt ist und spätestens mit Eröffnung des Verfahrens vollständig auf den Insolvenzverwalter übergeht.

Die vorläufige Eigenverwaltung und das Schutzschirmverfahren finden ausschließlich in der Zeit zwischen Insolvenzantragstellung und Eröffnung des Insolvenzverfahrens Anwendung, mit der Eröffnung gehen beide Verfahren in ein Eigenverwaltungsverfahren nach § 270 InsO über.

Ziel: Erhalt des Unternehmens

Ziel der Verfahren ist es, das Unternehmen dem bisherigen Unternehmer zu erhalten und es nicht, wie in einer Regelinsolvenz oft üblich, im Rahmen einer so genannten übertragenden Sanierung bzw. eines Asset Deals zu verkaufen oder gar zu zerschlagen. Während ein Insolvenzverfahren im Regelfalls letztlich auf Abwicklung programmiert ist, wird das Unternehmen bei der Eigenverwaltung im Rahmen eines Insolvenzplans entschuldet. Der Schuldner sollte daher immer dann die Durchführung eines (vorläufigen) Eigenverwaltungs- oder Schutzschirmverfahrens in Betracht ziehen, wenn er seinen Betrieb sanieren und fortführen will und sich hierzu in der Lage sieht.

Die Sanierung eines Unternehmens im Rahmen einer (vorläufigen) Eigenverwaltung oder eines Schutzschirmverfahrens kann für den Schuldner gegenüber dem Regelinsolvenzverfahren diverse Vorteile bieten. 

Bereits die Bezeichnung der Verfahren als „Eigenverwaltung“ bzw. „Schutzschirmverfahren“ bringt den Vorteil, dass diese Begriffe im Gegensatz zum Regelinsolvenzverfahren nicht stigmatisiert sind, das heißt, sie sind im Geschäftsleben nicht negativ behaftet. Vielmehr werden diese Verfahren als Möglichkeit einer nachhaltigen Sanierung und Chance für einen Neustart verstanden.

Das die Einleitung des Schutzschirmverfahrens oder der vorläufigen Eigenverwaltung nicht öffentlich bekannt gemacht werden, tritt der Umstand der Einleitung dieser Verfahren nicht in dem Maße an die Öffentlichkeit, wie es bei einem vorläufigen Insolvenzverfahren zwingend der Fall ist. Das gilt jedenfalls bis zur Eröffnung des Verfahrens.

Die Geschäftsführung bleibt in Verantwortung und kann agieren

Beiden Verfahrensarten ist immanent, dass die Geschäftsführung weiterhin die volle Verantwortung trägt. Gemeinsam mit dem Sanierungsberater wird die langjährig erworbene Expertise genutzt, um das Unternehmen zu sanieren und wieder konkurrenzfähig zu machen. Es gibt keinen (vorläufigen) Insolvenzverwalter, der etwa die Kontrolle über das Unternehmen übernimmt. Der stattdessen vom Gericht eingesetzte (vorläufige) Sachwalter übt lediglich eine Überwachungs- und Kontrollfunktion aus und steht der Geschäftsleitung darüber hinaus ebenfalls beratend und unterstützend zur Seite.

In dem rund dreimonatigen Zeitraum zwischen der Insolvenzantragstellung und der Eröffnung des Verfahrens ist das Unternehmen in der Lage, sich etwa durch Ersparung typischer Kosten neue Liquidität beschaffen, insbesondere durch die Vorfinanzierung von Insolvenzgeld und die Nichtabführung von Sozialabgaben und Steuern, Nichtzahlung von Zinsen und Tilgungen oder die phasenweise Nichtbedienung von Dauerschuldverhältnissen.

Im Eigenverwaltungsverfahren, in welches sowohl die vorläufige Eigenverwaltung als auch das Schutzschirmverfahren münden, sind die Verfahrenskosten meist deutlich geringer als in der Regelabwicklung. Denn die Vergütung des Sachwalters fällt in der Regel deutlich niedriger aus als die Vergütung eines vollverantwortlichen Insolvenzverwalters. So steht den Gläubigern eine größere verteilungsfähige Masse zur Verfügung, vor allem aber verbleibt deutlich mehr Liquidität beim Unternehmen, was sich wiederum positiv auf die Chancen einer erfolgreichen Sanierung auswirkt.

Kostenvorteil

Ein weiterer Vorteil stellt die Kürze der Verfahren dar, die im Normalfall auf nur wenige Monate begrenzt werden kann. Dieser Umstand wirkt sich oft positiv auf die bestehenden Geschäftsbeziehungen aus, bleiben diese dem Unternehmen doch eher erhalten als in einer Jahre andauernden Regelinsolvenz.